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Die stille Betrachtung des Altarraumes im katholischen Teil des Ökumenischen Zentrums hat Norbert Hennrich zu vielfältigen Gedanken angeregt. Vor allem das Vortragskreuz am Ambo hat den Lengfelder Christen beschäftigt. Auf der Suche nach einer Deutung der Darstellung, die aus einem Kreis im Zentrum und vier Quadraten an den Balkenenden besteht, hat er einige seiner Gedanken zu Papier gebracht.

Ambo Kreuz 2Jesus Christus
- hat Fleisch angenommen
- durch den Hl. Geist
- von der Jungfrau Maria
- und ist Mensch geworden

Jesus Christus
- in den Himmel aufgefahren und
- sitzt zur Rechten des Vaters
- zu richten die Lebenden und die Toten
- und wird wiederkommen in Herrlichkeit

Jesus Christus
- Matthäus – Mensch
- Markus – Löwe
- Lukas – Stier
- Johannes – Adler

Jesus Christus – Ubuntu
- der katholische Glaube
- der evangelische Glaube
- der orthodoxe Glaube
- der koptische Glaube

Ubuntu, das „Wir“ aus Afrika, ist nicht nur ein schönes Wortklangbild, sondern auch ein aus der Tiefe der Herzen kommendes Miteinander-leben-wollen. Es sind wohl auch durch Jahrtausende, oder Jahrhunderte getrennte Wege bei den Kirchen Christi erkennbar. Diese Verschiedenheiten haben dennoch in der 2000-jährigen Geschichte der Kirche befruchtend gewirkt.

Bewegend - unbeweglich
Wer ist dieser Mann, der so unbeweglich alle Marter, allen Spott und Hohn bis zum letzten Atemzug quasi unbeweglich, am Pfahl der Geißelung, am Kreuzesstamm festgenagelt, erträgt und dem noch nach dem Tode das Herz durchbohrt wurde? Ein Mann, der in seiner unbeweglichen Duldung die Würde eines Königs in die Welt aussandte. Der einen grauenvollen Tod gestorben ist und der dennoch eine 2000 Jahre alte, bewegende Botschaft hinterließ. Er verkündete überirdische Maßstäbe, die nicht genehm waren, die nicht ins damalige Herrschaftsbild, seines irdischen Königs und in die Machtverhältnisse der Besatzer passten. Er wurde verurteilt, ermordet, aber Er leistete keinen Widerstand. Noch im Todeskampf betete er für seine Feinde. Und dann war am dritten Tag der Leichnam weg. Nach irdischem Verständnis nicht erklärbar.
Gier, Egoismus, Lügen, Aggression und Horten machen mich heute unbeweglich. Und doch bin ich – sind wir alle – ein Kind göttlicher Liebe.

Und dann?
Wenn ich zur Ruhe gekommen bin, kann ich auf die Mitte schauen, auf den Kreis in diesem Kreuz. Ich finde keine Worte, wenn ich in diese Öffnung sehe. Ich schaue in die geöffnete Seite meines Herren. In Stille suche ich die Sehnsucht nach Gott zu erneuern. Aus dieser Mitte heraus spüre ich: Ich werde tief in mir angeschaut. Während ich in Demut zuhöre, verharrt mein Blick am Boden. Nach dem Dankgebet findet der Blick den Wand-Teppich in der Dachöffnung über dem Altartisch. Dort in der Christus-Sonne sehe ich, wie in vielen Liedtexten beschrieben, Hoffnung, Freude, Stärke, Licht, Zuversicht. Ich vertraue und fürchte mich nicht. Christus ist nicht mehr im Leinentuch, im irdischen Grab unbeweglich fixiert. Dieses Licht ist, trotz senkrechter und waagrechter Linien und Schatten unterbrochen, in seinem Strahlen ungehindert frei, eint und befriedet mein Inneres.

Norbert Hennrich

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