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Im Interview spricht der neue evangelische Pfarrer Stefan Meyer über seine Erwartungen an Menschen und Aufgabe in Lengfeld, seine eigenen Stärken und Schwächen und den Stellenwert der Ökumene.

Sehr geehrter Herr Pfarrer Meyer,StMy
am 1. Dezember werden Sie Ihren Dienst in Lengfeld antreten, ...

> was für Menschen erwarten Sie, in Lengfeld zu begegnen?

Ich freue mich auf die vielen – ganz unterschiedlichen – Menschen, die ich zum jetzigen Zeitpunkt ja noch gar nicht kenne.Über die Evangelische Jugendarbeit bin ich zum Theologiestudium gekommen, damals in den 80er Jahren. Und bis heute schätze ich den Kontakt mit Schüler*innen, Konfirmand*innen und Jugendteamer*innen sehr. Das hilft, im eigenen Kopf jung zu bleiben. Das ist mir wichtig: Mit jungen Menschen Ins Gespräch zu kommen über das Leben, den christlichen Glauben, die Wünsche und Nöte.Auf die ökumenische Zusammenarbeit mit der katholischen Pfarrgemeinde und anderen ökumenischen Playern freue ich mich besonders. Da bietet das Ökumenische Zentrum eine wunderbare Möglichkeit! Und eine Gemeinde ist ja auch die Vielheit ihrer Menschen: Alter, Beruf, Kirchennähe- und ferne sind dabei nur einige Aspekte. So möchte ich in den kommenden Monaten mir ganz viel Zeit nehmen, so viele wie möglich von ihnen kennenzulernen.Und dass nach den vielen erfolgreichen und schönen Jahren mit Christoph Lezuo nun jemand ganz Neues da ist, nun das muss im Kopf und im Herzen auch erstmal ankommen.Doch ich bin mir sicher: Die Neugier, wer und wie der Neue jetzt ist, das wird schon dazu beitragen, dass es ein guter Neubeginn wird.

> was für gemeindliche Aktivitäten erwarten Sie, vorzufinden?

Im Vorfeld habe ich mich natürlich informiert – über die Homepage v.a. und bei Christoph Lezuo persönlich, sowie bei Pfarrer Harald Fritsch von der katholischen Pfarrgemeinde. Und dann war noch das Gespräch mit dem Kirchenvorstand ganz wichtig, um Würzburg-Lengfeld, um das ÖZ verstehen zu lernen.Besonders ins Auge gestoßen sind mir vier Aktivitäten:Die ökumenische Zusammenarbeit bei Gottesdiensten, dem Gemeindefest, im Bildungsbereich, bei den Familiengottesdiensten, sowie der Ökumenische Freundeskreis, um nur einige zu nennen.Dann das vierteljährliche Geburtstagscafé der Senior*innen. Wir haben das in Obernburg, wo ich ja gerade noch bin, gleichmal kopiert und Ende Oktober auch damit begonnen.Die Kooperation mit den evangelisch-lutherischen Nachbargemeinden im Bereich Konfi- und Jugendarbeit. Ein ähnliches Konzept haben wir auch schon, und es hat sich sehr bewährt.


> mit welchen Problemen erwarten Sie, konfrontiert zu werden?

Erstmal ganz persönlich: Der Umzug, der demnächst ansteht mit all den Vorbereitungen, nimmt gerade viel Raum ein. Ich denke aber, dass ich zum Dienstbeginn ab 1. Dezember voll arbeitsfähig sein werde.Zum anderen: Die gerade genannte Kooperation mit den Nachbargemeinden braucht Zeit und Kraft, die ich darin investieren möchte. Welchen Umfang das haben wird, wird sich in den nächsten Monaten erweisen.Und der Evangelische Kindergarten in Lengfeld, bei dem eine große bauliche Maßnahme ansteht. Und was das bedeutet für die Raumsituation in der Kirchengemeinde.Vor allem aber die Erwartungen, die es gibt – meine eigenen und die vom Kirchenvorstand und der Gemeinde – ergebnisorientiert zusammenzuführen und möglichst gerecht zu werden.


> welchen Stellenwert wird die Ökumene für Sie haben ...

Ohne Ökumenische Zusammenarbeit geht heute nicht mehr viel. Darum steht diese wirklich ganz oben auf meiner To-do-Liste. Als ich mich beworben hatte, da war die ökumenische Konzeption in Lengfeld der erste Punkt, den ich mir angeschaut habe. Ich wollte aus meiner Obernburger Erfahrung wieder in einer Kirchengemeinde arbeiten, die Ökumene ganz großschreibt.

-- a. lutherisch-römisch

Als lutherischer Theologiestudent habe ich 3 ½ Jahre auch Katholische Theologie in El Salvador studiert, den Gottesdienst gefeiert, gebetet und das Leben geteilt. Vieles am Katholisch hat mich beeindruckt: z.B. die Bedeutung der Märtyrer für das Zeugnis der Gemeinde im Hier und Jetzt. Anderes ist mir aber auch fremd geblieben. V.a. aber hat mich diese Zeit – im Dialog mit den katholischen Mitstudierenden – gelehrt, mir mein lutherisches Verständnis von Glaube und Theologie bewusst zu machen. Die Wurzel haben wir dieselbe, und vieles was wir tun, z.B. in der gottesdienstlichen Liturgie, das ist konfessionsübergreifend und haben wir gemeinsam. Unsere jeweilige Identität ist darum auch nicht der Abgrenzung geschuldet, sondern unserem gemeinsamen Grund: Jesus Christus.


-- b. unter Einbeziehung auch der bei uns kleinen Kirchen -ACK- und der in Lengfeld ansässigen Freikirchen

Ich durfte auch 1 ½ Jahre gemeinsam mit Pastoren aus vielen Freikirchen Zentralamerikas studieren. Dabei haben wir gegenseitig viele Vorurteile abbauen können. Und gemerkt, dass wir Lutheraner in der weltweiten Christenheit auch nur eine von mehreren mittelgroßen protestantischen Kirchen sind. Evangelisch ist eben viel mehr: reformiert, methodistisch, baptistisch, pfingstkirchlich, adventistisch. Dazu die Freien evangelischen Gemeinden, große anglikanische Tradition, die Neuapostolische Kirche. Als langjähriger Vorsitzender einer lokalen ACK habe ich Geschwisterlichkeit erleben dürfen mit Christ*innen ganz unterschiedlicher Tradition und Herkunft. Dafür bin ich sehr dankbar!Und gerade auch die orthodoxen und orientalischen Kirchen können uns Evangelisch-Lutherischen viel mitgeben von den Traditionen und Glaubenserfahrungen des 1. Jahrtausends. Wir müssen aber bereit sein, auch darauf zu hören.

-- c. im interreligiösen Dialog

Wir leben in einer säkularen Gesellschaft, und das ist auch gut so! Es gibt bei uns in Deutschland keine Staatsreligion, aber dennoch haben das Christentum und das Judentum unsere Kultur in Deutschland tief geprägt. Die gemeinsamen Wurzeln des biblischen Israel tragen Juden und Christen zugleich.In den letzten 100 Jahren haben aber auch Menschen anderer Religionen in Deutschland Heimat gefasst. Gerade unsere muslimischen Mitbürger*innen haben unsere Gesellschaft bereichert. Um einander besser zu verstehen in religiösen Fragen braucht es einen Dialog miteinander, also ein ehrliches, zugewandtes und interessiertes Gespräch auf Augenhöhe.

-- d. im Dialog mit den agnostischen MitbürgerInnen, "Ökumene der 3. Art"?

Viele Menschen haben aber keine religiöse Bindung. Zu Kirche und institutionalisierter Religion haben sie immer weniger Bezug. Dennoch sind sie Suchende, wie wir alle, auf dem Weg zu einem gelingenden Leben. Für uns Christ*innen ist es Jesus Christus, der unserem Leben Sinn und Antwort gibt. Auch andere Lebensentwürfe sind lebensdienlich. Wir sollten uns nicht voneinander abkapseln, sondern einander das Zeugnis gönnen!


> welches ist ihr stärkstes Charisma (in der Sprache der Kaufleute: Ihr Alleinstellungsmerkmal)?

Es ist immer schwierig, so etwas von sich sagen zu wollen. Aber ich denke, dass ich ganz gut auf Menschen zugehen kann, sie zusammenbringen kann an einen Tisch, um gemeinsam etwas zu unternehmen. Ich kann zuhören und mich einbringen in ein Team, um ein Projekt zu stemmen. Und ich bin wertschätzend gegenüber anderen Lebens- und Glaubenszeugnissen, gleichzeitig aber auch in meinen wesentlichen Überzeugungen gefestigt.

> was ist Ihre größte Schwäche?

Auf den ersten Blick würde ich sagen: Mein unordentlicher Schreibtisch! Zum Verwaltungsangestellten oder Sacharbeiter bin ich wirklich nicht geboren, auch wenn ich in diesem Feld bereits gearbeitet habe. Aber da habe ich dann auch schnell meine Grenzen erreicht. Aber wenn wir im Team arbeiten, dann soll jeder ja auch seine Stärken einbringen.

> welche Menschen (Familie) bringen Sie mit nach Lengfeld?

Meine Frau Janet Ardón Meyer kommt natürlich mit nach Würzburg-Lengfeld. Sie ist von ihrem Studium her katholische Theologin und wir haben uns in El Salvador kennengelernt und dort geheiratet. Meine vier Kinder sind schon längst erwachsen und leben quer verteilt auf der Welt: England, Ostfriesland, Paraguay und Rheinhessen. Wir haben auch zwei Enkelkinder. ...

> welche Hobbies sind Ihnen angelegen?

Ich bin interessiert an Vielem. V.a. Geschichte, Politik, Philosophie und Literatur. D.h. ich lese und reise gerne, komme aber leider viel zu wenig dazu.Mein besonderes geographisches Interesse gilt der Nordsee, Mittel-Osteuropa und Lateinamerika. Theologisch ist es v.a. die Ökumene und Konfessionskunde sowie die Kirchengeschichte, die mich fesseln. Und im Sommer: Da habe ich jetzt immer mehr das Fahrrad für mich entdeckt. Im letzten halben Jahr hatte ich kein Auto zur Verfügung. Das Radfahren möchte ich gerne beibehalten!

> Und was Sie sonst noch sagen wollen:

Ich komme ursprünglich aus Nürnberg. Meine Heimatgemeinde St. Sebald, später auch die Spitalgemeinde in Rothenburg ob der Tauber und die Lutherischen Kirchen in Mittelamerika stehen für eine liturgische Tradition, die mich geprägt hat. Den Gottesdienst feiere ich bisher nicht nur im Talar mit Beffchen, sondern zu Feiertagen, besonderen Anlässen, Taufen und Trauungen mit weißer Albe mit Stola. Auch das eine gut evangelisch-lutherische Tradition. Vorausgesetzt der Kirchenvorstand stimmt zu, würde ich dies auch in Würzburg-Lengfeld weiter so halten.
Ich freue mich auf Lengfeld!


(Interview und Bild: J. Scheidemantel)

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